Donnerstag, 29. November 2012
Der dicke fette Pfannkuchen (Tag 2) – 05.11.12
Es muss ein Rucksack her. Das erweist sich als unproblematisch. Ganz anders das Thema Gummistiefel - die Insel scheint ausverkauft. Eine mitfühlende Verkäuferin verweist mich an einen Laden mit Reitzubehör. Das ist mir dann aber echt zu arg: 300 Euro für Reitstiefel zum Spazierentragen.. So werde ich also weiterhin meine Winterstiefel aus Wildleder strapazieren. Immerhin sind sie unschlagbar warm und haben eine mehrere zentimeterdicke Sohle. Wird schon schief gehen.

Das Wetter hält seit meiner Ankunft erstaunlich gut. Bisher hat es nur spät abends oder nachts geregnet. Auch jetzt sammeln sich zwar dunkle Wolken im Westen, aber ich fahre Richtung List und somit gen Sonne. Ich parke kurz hinter der Mautstelle und mache mich an der ganz nördlichen Küste auf den Weg um den Ellebogen abzulaufen. Es ist traumhaft. Die Sonne scheint, die Wellen schaukeln an den Strand, es sind nicht viele Menschen unterwegs.

Heute könnte ich nicht mehr sagen, was ich dort gedacht habe. Vielleicht denke ich auch nichts. Wahrscheinlich denke ich aber einfach auch sehr unbewusst, bzw. lasse ich die Gedankenäffchen klettern.

Vorne an der Spitze des Ellebogens zeigen die Wellen die starken Strömungen auf. Ein einsamer Angler sitzt an genau dieser Stelle am Strand, hinter ihm stehen einige Menschen.. und ich. Wie hypnotisiert starren wir auf das aufgewühlte Meer. Es fasziniert und fesselt mich unglaublich, wie offensichtlich mächtig die Strömungen hier sind.

Auf dem „Rückweg“ und somit dem südlichen Part des Ellebogens bestaune ich Muscheln, schaue Möwen beim Tanzen zu, beobachte andere Spaziergänger, halte meine Nase in die Sonne und freue mich über das Glitzern auf den kleinen Wellen. Ab einem gewissen Punkt ist man dann gezwungen vom Strand auf die Straße zu wechseln. Das ist der Moment, in dem mir meine Beine bewusst werden. Es läuft sich auch einfach nicht so angenehm auf Asphalt, auch wenn man weitgehend noch auf Trampelpfade an der Seite der Straße ausweichen kann. So traumhaft diese Exkursion war – ich bin doch froh, als ich wieder im Auto sitze.

Die Dame im Mauthäuschen frage ich, ob sie mir ein nettes Café mit leckerem Kuchen empfehlen kann. Das kann sie – die „Alte Backstube“. Der Knüller. Das Dressing für den Feldsalat muss von Zauberhänden zubereitet worden sein, und an dem riesen Pfannkuchen, gefüllt mit roter Grütze und Vanilleeis, war mit Sicherheit Engel beteiligt. Der Pfannkuchen ist dermaßen groß und dick und toll, dass ich an das Buch denken muss, dass meine Mama mir als Kind immer vorgelesen hat. Das Buch vom dicken fetten Pfannkuchen.

Ich bin dermaßen pappsatt und glücklich, dass ich auf die Frage, ob alles in Ordnung war, nur aus tiefstem, vollem Bauch tönen kann „es war die Wucht“. Das Café selbst erwärmt ebenfalls mein Herz. Die Einrichtung ist wunderbar, ganz gemischt, mit vielen altertümlichen Sofas, unterschiedlichen Stühlen und Kronleuchtern, und schönen dunklen Holztischen. Musikalisch werden wir von Melodien verwöhnt, die mich an die Goldenen 20er erinnern.

Ich versinke auf „meinem“ Sofa, trinke Tee und lese. Draußen ist es inzwischen dunkel und eigentlich möchte ich mein neues Wohnzimmer gar nicht mehr verlassen. Tue es dann aber trotzdem. In Wenningstedt zwingt mich ein inneres Gefühl dazu, einen Abstecher zum Strand zu machen und in der Dunkelheit noch ein paar Schritte zu gehen. Ich parke auf dem Parkplatz vor dem neu erstellten Goschtempel (das ist mir irgendwie auch zu krass. Dem gehört doch bald die ganze Insel..).

Es ist so dunkel, dass ich den Holzsteg hinunter zum Strand nur schwer finde, und als ich ihn endlich unter meinen Füßen habe und ich in die Dunkelheit stapfe, wird mir mulmig. Ich sollte nicht so viele Krimis lesen. Über mir hängt ein wundervoller Sternenhimmel, der Himmel ist klar, nur den Mond finde ich nicht. Oder ist Neumond? Ich folge dem Steg durch die Dünen, immer Richtung Meeresrauschen.

Es ist ein sehr eigenartiges Gefühl an einem breiten Strand in der Dunkelheit zu stehen, vor einem das offene Meer. Es kommen auch eigenartige Gedanken in mir auf, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob es Angst, Lust, Zweifel oder einfach die Freude an schaurigen Gefühlen ist. Wie es zum Beispiel sein mag plötzlich reingezogen zu werden in die dunkle See. Und ich frage mich, ob die See eine Seele hat. Sie kommt mir wild und hungrig vor, als würde sie in Form ihrer Wellen die Arme nach mir ausstrecken, mich locken, rufen, eine Mischung aus „Nimm dich in acht… komm her… nimm dich in acht… wir sind da… komm her…“..

Da schüttelt es mich und ich gehe lieber schnell zurück zum Auto und düse nach Westerland in mein Wohnklo. Es bleibt ein kleiner Appetit, und ich suche die Shi*robar auf für ein sehr leckeres Take-Away Sushi.

Weniger Krimis lesen. Was der Watzmann-Story Berg und Bua sind, sind meiner Story Nordsee und ich. Gruselig. Immerhin denk ich mir nicht „Vatter, i muss naus, naus auf die See!“





 


























































































































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