Dienstag, 30. September 2008
Testae et Cinis.
Das Lied streift mich plötzlich wie ein sanfter Lufthauch, der seit Wochen vergrabene Erinnerungen hervorholt. Spürbare Nähe, die ich inzwischen vergessen, verdrängt glaubte. Ein Sonntag Nachmittag, irgendwann im letzten Jahr. Ein kalter Tag, doch im Zimmer ist es warm. Neben dem Bett stehen Kerzen, ich liege nackt auf dem Bauch, Öl rinnt zwischen meine Beine, er sitzt hinter mir und massiert und liebt mich mit soviel Gefühl, dass ich nie wieder aufstehen möchte.

Sie sind rar, die positiven Erinnerungen, und sie tun weh. Ich habe mich ihnen lang entzogen. So unvereinbar mit dem Rest. Aber sie sind da und geschehen, lassen sich nicht verleugnen. Immerhin ist etwas übrig geblieben von uns.

Winzige bunte Glasscherben in einem Haufen kalter Asche.

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Dienstag, 30. September 2008
Nulla vita sine musica.
Die Finger werden geschmeidiger, gehorsamer, flinker. Die Tasten vertrauter. Ich traue mich mehr, drehe bis zum Anschlag auf, versinke in dem, was meine Finger, ich selbst aus dem Instrument locke. Es ist das eine, einem Menschen dabei zuzuhören, und schon das ist wundervoll. Selbst etwas Hörbares zu klimpern, ist für mich ein Wunder.

Als Kind saß ich stundenlang über dem Klavier, ohne es je gelernt zu haben. Bastelte mir Tastenfolgen zurecht, ohne recht zu wissen, was ich da tue. Ich versank in meiner ganz eigenen Welt, und wunder mich nun, dass mich das alles noch einmal so verzaubern kann, und wie ich so lange ohne diesen Zauber sein konnte.

Wie die Entdeckung von gänzlich Neuem, das uralt ist, uralt, und für mich hält es die Welt zusammen.




Sonntag, 28. September 2008
Angelus.
Verkatert sitze ich mittags über einem Frühstück beim Texter-Treffen. Ich soll doch am Abend zur nächsten Aufführung kommen. Nach dem gestrigen Abend bin ich skeptisch, will es mir aber überlegen. Vorerst will ich das Herbstfest der Wal*dorfschule besuchen. Das Wetter ist phänomenal, mit dem Rad fahre ich durch das verwunschene Wäldchen am Rhein, über goldene Blätter auf dem Radweg, ich rieche den Herbst, und langsam kehren die Lebensgeister zurück.

Mein Mitbewohner empfängt mich herzlich, wir trinken Apfelschorle, essen Waffeln, umgeben von fröhlichem Familientreiben. Das Gelände ist wesentlich größer als erwartet. Ich stromer umher, bestaune das rege Familientreiben, und erstaunlicherweise depremieren mich all die Kinder und Eltern nicht, sondern geben Zuversicht, und ein heimeliges Gefühl.

Auf dem Heimweg pausiere ich am Rhein, lese, blinzel in die auf dem Wasser gespiegelten Sonnenstrahlen, und beschließe, dem Abend eine Chance zu geben. Die Sonnenstrahlen packe ich ein, für die Dämmerung, und Frau Lac.

In der S-Bahn treffe ich mich mit einem Mädel vom Texter-Treffen. Wir sind etwas befangen, aber irgend etwas verbindet uns. Es wird sich herausstellen, dass das ganze nach Freundschaft riecht.

Die Aufführung ist der Wahnsinn, Bomben-Stimmung, geniale Musik, ich hör ihn rufen, den Wat*zmann. Mein Klavierlehrer-Engel. Es verwirrt mich, ich kann es nicht verstehen. Deswegen, verfolge den Plan, Thisbe, den du gestern Nacht mit deinem Waldi, seiner Freundin und viel Wein beschlossen hast. Geh danach nicht mit ihm und den anderen weg, sondern nach Hause.

Ein Auto, ein Klavierlehrer, eine Thisbe. Er zaubert Musik. Ich bin ihm verfallen, ein bisschen.

Soundtrack: "Der Wat*zm*ann ruft"




Samstag, 27. September 2008
"Lächel den Tag an, und er lächelt zurück."

Mein Tag ist wohl Morgenmuffel.

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Statistik
1 Tag, 1 Umschlag, 1 Buch, 1 T-Shirt, 1 Gespräch mit dem Lieblings-Chef, 1e erste unerwartete Begegnung mit dem anderen Namen, 1 Klavierlehrer, 1e Theateraufführung, 4 Bier, 1 Jägermeister, 1 Gespräch mit 2 nun Vertrauten, 1 Plan, 2 Männer, 1e Idee, xxx Emotionen.

Zuviel.




Freitag, 26. September 2008
Und jetzt in maximaler Lautstärke "Ich geb nichts mehr".




Wolkenreiter.
Ich verfolge den gemächlichen Spülgang der Waschmaschine. Vor mir Brot und Weizen. Ich habe einen guten Tag hinter mir, und morgen ein vielversprechendes Gespräch unter vier Augen mit dem mir vertrautesten Chef. Meine Freizeit ist gestaltet, meine Meinung dem ein oder anderen gesagt und. Es ist gut.

Mein Mitbewohner trifft ein, wir tratschen und spülen und trinken, je später die Stunde, desto mehr von letzterem. Die Gespräche werden tiefer, unsere Nähe vertrauter. Er spricht einen Satz aus, den ich nur von jemand anderem kenne. Einen furchtbaren Satz, der mich verletzt, und den ich ganz offensichtlich immer viel zu nah an mich herangelassen habe. Es erwischt mich eiskalt und absolut unerwartet von hinten. Subito schießen mir die Tränen in die Augen, ich wedel mit der Hand vor meinem Gesicht, schlucke und schlucke, entschuldige mich. Er nennt einen Namen, ich nicke, und er sagt scheiße, das wollte ich nicht, und außerdem hab ich das so nicht gemeint. Er erklärt seine Aussage so, dass ich ihr zustimmen kann. Das hat der andere Name nie gemacht.

Wir unterhalten uns über seine Reisen, über mit Getränkedosen geschmückte Weihnachtsbäume in Kolumbien, über 1.-Klasse-Reisen in Kastengesellschaften wie Indien und 1.-Klasse-Flüge, die er sich unter anderen Umständen nie hätte leisten können, wir erinnern uns der guten alten Dias und er erwähnt, dass er nächstes Jahr 50 wird. Bisher war er immer 42 für mich, und letztendlich ist er ohne Alter, sondern einfach nur richtig, in meiner, unserer Wohnung.

Alles neu macht der September. Rund läuft nicht nur die Waschmaschine.

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Donnerstag, 25. September 2008
Misstrauen, Ängste, Ärger, Zweifel, Desorientierung, Wegorientierung.

Kein gutes Arbeitsumfeld. Was ist mit uns passiert?

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Mittwoch, 24. September 2008
Nosce te ipsum.*




Samstag, 20. September 2008
"Weißt du, was ich traurig finde an Herbst und Winter?", fragt sie mich.

Ich schüttel stumm meinen Kopf.

"Dass einem so sehr auffällt, dass man alleine ist."

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