Mittwoch, 15. Oktober 2008
Somnia
Es ist eine Mischung aus altem Schulhaus und Scheune. Dort wohnt mein Arzt. Ein Rezept möchte ich von ihm. Die Tür ist verschlossen, durch die ringsum fast durchgehend bis zum Boden verglasten Scheiben kann ich sehen, wie sein Assistent zur Tür eilt und mir aufsperrt. Na endlich, meint er, endlich kommt mal jemand. Wie merkwürdig, denk ich mir, keine Wartezeit beim Arzt, sondern so wenig Verkehr, dass er sogar die Tür zu lässt. Der Arzt kommt bald, meint der Assistent, aber er holt mich schon mal ins Sprechzimmer. Der Assistent verwandelt sich in ein kleines Märchenwesen, einen weißen Hut mit großen roten Punkten auf dem Kopf, über dem Gesicht ein weißer Schleier. Das Wesen möchte mir eine Maniküre verpassen. Ewigkeiten feilt und poliert und lackiert das Wesen, die Farbe trägt es unregelmäßig, auf, manchmal in fetten Schichten, dann wieder gar nichts. Es korrigiert und korrigiert, und am Ende sieht es immer noch - scheisse aus.

Cut

Ich stehe in einem Auto am unteren Ende der Unterführung, durch die man bergauf zum Haus meiner Mutter kommt. Es herrscht Spätsommerlicht, es ist still, Grillen zirpen, ein leichter Wind geht. Ich steige aus dem Auto, nur bekleidet mit einem weißen Slip und einem weißen Trägerhemdchen aus Seide. Langsam gehe ich die Unterführung bergauf, am Ende kann ich links ein Getreidefeld mit hohen Ähren sehen, und hohe Gräser wiegen sich dazwischen im Wind. Ich stehe im Tunnel und putze Zähne, sehe nachdenklich bergauf, bis mir einfällt, dass die Autos gleich grün bekommen, also gehe ich zurück zum Auto. Vor meinem Auto sind aus dem Nichts hohe Gräser gewachsen, dazwischen wachsen niedrige rote Rosen. Ich liebe hohe Gräser. Es sieht wunderschön aus. Vorsichtig mache ich die Autotür auf, als ich sie schließen will besteht die Gefahr, dass ich die halbe Flora und Fauna mit in mein Auto schließe. Eine Biene summt, ich schüttel den Kopf auf meinem Kopfkissen und wache auf.

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Seit vielen Tagen, jede Nacht intensivstes Kino, von dem leider jeweils nicht einmal die Hälfte in Erinnerung bleibt.

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Sonntag, 12. Oktober 2008
Und schon wieder Sterne.
Die Sterne ziehen sich gerade durch mein Leben wie ein roter Faden. Neuen Lieblingsplatz in F*F*M entdeckt: das Stern*taler.




Samstag, 11. Oktober 2008
Synthesis.
Als hätte ich gewusst, dass die Überschrift heute besser passt.

"Wie ist es Ihnen ergangen, in den letzten Wochen?"
Es war ´.. schrecklich..., ein verkrampftes Schluchzen, viele Erläuterungen, und nun weiß sie endlich um mein Blog, wenn nicht jetzt, wann dann, und es hat einfach eine zu große Rolle gespielt. Ich rede und rede, von meiner Gefühlsmenge und -vielfalt, vom Rauf und Runter, von dem Gefühl, dass in mir Neues geboren wird, von einem Gefühl des inneren Umbruchs, und von der Sehnsucht nach Dröhnung, nach dem Abgrund, vom Zwispalt, von vielen vielen Tränen, vom Lachen und von all dem. Vom Nein zu ihm, und vom Ja zum Leben, von einem "mir meiner selbst bewusster werden", von meinem Gespräch mit dem Chef, davon, dass sich dieses Gefühls- und Gedanken-Chaos trotz allem gut anfühlt.

"Sie sind zwischen zwei Wegen."

Mit jedem Satz, den ich ausspreche, wird mir die Seele leichter und das Gemüt froher.

Am Ende lächelt sie mich offen und herzlich an. Sitzt da, und lacht mich an. "Sie sagten, es war schrecklich. Sie haben derzeit hohen Seegang, und das wird auch noch eine Weile so bleiben. Aber ich glaube, eigentlich ist doch alles gut."

Ja, das ist es. Das Leben ist spannend. Es ist schön. Denn es gehört alles dazu, und ich bin froh, dass ich es fühlen kann. Dass ich mich fühlen kann.




Freitag, 10. Oktober 2008
Down a windy road. (by Quadro Nuevo)
"In dieser Nacht dann, als ich in meinem Bett im Honighaus lag und die Augen schloss, lief das Summen der Bienen durch meinen ganzen Körper. Durch die ganze Erde. Die Seelen der Verstorbenen fuhren auf."

Sue Monk Kidd - Die Bienenhüterin


Dieses Buch berührt mich unheimlich. Oft muss ich mich in der Bahn zusammenreißen, damit ich nicht hemmungslos anfange zu schluchzen. Gestern Nacht im Bett, vor dem Einschlafen, dieser Abschnitt über den Tod. Als das Kapitel zu Ende ist, laufen mir Sturzbäche übers Gesicht; und ich weiß nicht wieso, ich murmel ein leises "Tschüss".

Es ist das erste mal von all den intensiven Träumen, dass ich von uns nicht als Paar träume, sondern von einem definitiv getrennten Wir, aber im freundschaftlichen Umgang miteinander.

Diesen Umgang wird es nie geben. Zu tief die Enttäuschung über Gelogenes und zu groß die Verletzung. Aber heute zum ersten mal das Gefühl eines ruhigen Loslassens. Vielleicht auch ein Annehmen, dass Ich bin wie Ich bin. Dass es ist, wie es ist, und dass es gut so ist.


Ich weiß nicht, ob du hier liest. Ich möchte es nicht wissen. Du würdest dir das alles als Egoschmeichler nehmen, meine Güte, ist die immer noch nicht drüber hinweg, nein, siehst du, das bin ich nicht. Ich habe dich geliebt, und du hast mir weh getan. Du warst mir nah. Ich hab mich getraut. Du würdest dich vielleicht lustig über mich machen, oder mich bemitleiden. Ich müsste lächeln, und dir sagen, du lagst noch nie so falsch.

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Ich will keinen, der mich ansieht.
Ich will einen, der mich sieht.




Donnerstag, 9. Oktober 2008
Neuer Tag, neues Projekt, neues Glück. Zufriedenheit mit meiner Arbeit. Ein ganz neues Gefühl, fast vergessen wie das ist.

Schade, dass mich morgen das Alte wieder hat, und das noch bis Ende des Jahres. Aber vielleicht kann ich zwischendrin mehr Neues einbauen.

Flirte.

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"Hey Thisbe, schön dass du heute Abend mitgehst, ich hab dem R. schon bescheid gesagt, dass du kommst, er freut sich auf dich!"

Was? Wohin gehen? Und wer ist eigentlich R.? Heute nicht. Aber nächste Woche seh ich mir den R. gerne an.

Der andere indirekte Kollege schmiert mir den ganzen Tag Honig um den Mund. Ich könnte glatt um 10 cm wachsen.

Alle sind so süss zu mir.


Nur der Chef dort nicht. Jede Woche denk ich mir, die war so scheisse, das ist nicht mehr zu toppen. Und dann fängt die neue Woche an. Aber den Scheissteil eines jeden Tages blende ich heut einfach mal aus.

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Dienstag, 7. Oktober 2008
Kelly watch the stars...
... wenn du am wenigstens damit rechnest, siehst du einen Silberstreifen, und du wirst dir die Augen reiben, und dich fragen, ob du ihn nun wirklich gesehen oder dir nur eingebildet hast. Du hast schon so lange keinen mehr gesehen, er hat sicher nur den richtigen Moment abgewartet, der sterbende Stern. Der Wunsch ging nur an dich selbst.

Eine Sternschnuppe per Mail kam dann auch noch, und sie schien hell, und vertiefte die Wärme im Herz. Im Scheinen üb ich mich jetzt. Danke, liebe A.! Es scheint die Zeit der Sterne zu sein.

Sternenklare, eiskalte Nächte, Rouladen mit Knödeln und Blaukraut, ein gutes Weizen und Herrn Vaters fränkische Aufbaumusik*. Und all das andere. Seelenbalsam.


*Das Video ist zu ignorieren, da in keinster Weise adäquater geschweige denn repräsentativer Ausdruck der fränkischen Kultur.




Freitag, 3. Oktober 2008
Hodie. Aujourd'hui. Oggi. Today. Heute.
Mir bleibt für heute nur noch, den Tag und Erinnerungen mit viel Wein runterzuspülen.

Der Tag beginnt damit, dass ich ins Büro nach F*F*M muss. Der Lieblingschef mag mich derzeit wohl nicht ungern um sich. Unser Büro liegt im 20. Stock im Bahnhofsviertel. Dunkle Wolken schieben sich über die Stadt und ihre Hochhäuser, Regen peitscht gegen die Scheiben. Vom Balkon aus kann ich in den Taun*us blicken. Es ist nicht einfach eine Stadt für mich, sondern seine Heimat, und das wird sie für mich immer bleiben. Ich fühle mich wie ein Eindringling auf fremdem Territorium. Trotzig strecke ich mein Kinn in den Regen.

Es ist noch früh am morgen, und ich genieße sehr, dass ich die Einzige bin. Gegen 9 Uhr kommt ein Lieblingskollege, er ist schnike, meistens fröhlich und verhält sich mir gegenüber immer absolut liebenswürdig. Wir werkeln eine Weile vor uns hin. In die Stille hinein ein Donner: "Thisbe, ist an dem Gerücht mit dir und ihm eigentlich etwas dran?" Ich gebe mich locker. "Was genau meinst du?" hake ich nach. "Naja, mit dir und ihm eben. Stimmt das?" "Ja was denn?" Warum heute? Warum fragst du mich das ausgerechnet heute?! In mir Chaos und ein spontaner Dammbau gegen Tränen.
"Stimmt es, dass ihr ein Paar seid?"
Ein Schlag in die Magengrube wäre sanfter gewesen.

"Nein, wir waren es einmal." 10 Monate, in etwa. Es wundert mich, dass sich erst heute zu ihm rumgesprochen hat, dass wir ein Paar sind, wo wir doch seit zwei Monaten keins mehr sind.
Stillschweigend arbeiten wir weiter.

"Woran ist es denn gescheitert?" Inzwischen bin ich schwer mit den Tränen am Kämpfen. Was soll das denn? Der Arme kann ja nicht wissen, was er erstens mit seinen Fragen bewirkt, und zweitens, dass er ein verdammt beschissenes Timing damit hat. Aber trotzdem. Ich antworte ausweichend. "Manchmal passts eben einfach nicht."
Keiner fragt nach der zerstörten Freundschaft.

"Ich verrat dir ein Geheimnis. Ich mag den Kerl nicht."
"Ich verrat dir auch eins: langsam glaub ich, ich bin die einzige, die ihn mal mochte."
"Er ist so bockig", antwortet der Kollege, und äfft seinen Tonfall nach. "Und außerdem ist der immer viel zu durchgestylt. Du wirst nie sehen, dass er ein T-Shirt trägt, dass nicht zu den Schuhen passt. Selbst im Schlabberlook. Ich wette, der hat auch nen durchgestylten Pyjama. Und durchgestylte Boxershorts."

Ich muss lächeln. Nein, hat er nicht. Er hält nicht einmal einem Kratzen an der Oberfläche stand. "Weißt du", ich sehe ihn nachdenklich an, "vielleicht brauchts bei ihm so eine perfekte Oberfläche." Ich spüre seinen fragenden Blick auf mir, aber er spürt mich wohl, denn er wechselt galant zu beruflichen Fragen. Ob ich zufrieden sei mit dem Job, was ich derzeit so tue. Es ist ein schönes Gespräch. Dieses berufliche Interesse freut mich aufrichtig.

Nachdem der Lieblingschef kommt wirds turbulent, und als wär ich nicht schon angespannt genug, fragt eine Freundin-Kollegin via Sk*ype, ob ich heute noch ins Hauptbüro komme. Ich antworte ihr, dass ich in der Nebenstelle bin. Sie meint, ok, denn sie wollte mir nur sagen, er ist da.

Das ist der Punkt, an dem die Sicherung durchbrennt. NA UND???? Tut doch bitte endlich alle einfach so, als hätte es ein WIR nie gegeben! Lasst! Mich! In! Ruhe! Hat er inzwischen wenigstens endlich dieses vermalledeite Paket mit diesem beschissenen Buch und diesem ominösen T-Shirt aus dem Mitarbeiterfach geholt und mitgenommen? Nein, hat er nicht.

Mittags gibts für alle ein Entspannungs-Weizen, und es wird geackert. Mein Kopf raucht. Meine Seele tropft. Über den Hochhäusern ein Regenbogen. Mein Gefühlsbarometer steigt und fällt um Extremwerte innerhalb von Minuten, und das über Stunden hinweg. Ich kann nicht mehr. Der Zug Richtung Zuhause fährt gegen die Sonne. Licht, endlich, ein bisschen.

Ich schreibe ihm eine Nachricht, dass noch Zeug von ihm im Mitarbeiterfach liegt. Dieses grässliche Buch muss weg aus meinem Leben.

Der Klavierengel. Ein weiterer kleiner Lichtblick, aber.

Erst als ich neben meiner Seelenverwandten im Auto sitze und wir Richtung Eltern-Heimat fahren, können zwei Tränen laufen. Aber ich hab sie nun so lange zurückgehalten, dass sie gar nicht wissen, wohin. Die Nacht vom 2. auf den 3.10.

Angekommen. Ich bin komplett durch. 1 Jahr Fucked Up.




Donnerstag, 2. Oktober 2008
Vacuitas, aber irgendwie manchmal anders als frei.
Leer. Nicht mehr, nicht weniger. Und gleichzeitig randvoll mit Kummer. Und immer wieder die Frage, um was ich eigentlich weine.

"Wein einfach, wenn dir danach ist. Was auch immer du beweinst. Vielleicht verabschiedest du ja nicht nur ihn, sondern einen Teil von dir."

Genau so fühlt es sich an, denn ich kann nicht sagen, dass ich um ihn weine. Vielleicht um enttäuschte Hoffnung, und über das Scheitern, missglückte Versuche, geplatzte Illusionen, ins Leere gelaufene Liebe. Aber er fehlt mir nicht. Vielleicht kann man auch um jemanden weinen, ohne dass er einem fehlt.

Oder ich verabschiede mich tatsächlich von einem Teil von mir, dem ich entwachsen bin.

Und dazwischen dann dieses wahnsinns Knäuel an positiver Energie und die Tage voller Lebensfreude.

Berg und Tal. Es schlaucht. Ich bin so müde.

Finde nicht so recht die Worte für mich, derzeit.
Freu mich auf den Klavierengel, morgen.

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