Samstag, 25. März 2006
Glück
Noch während sie die Haustür hinter sich zuzieht, setzt der Regen ein, und der Wind frischt auf. Ein schöner Regen, mit vollen Tropfen, die sanft ihr Gesicht streicheln und in den Kragen ihres Regencapes fallen um dort Hals und Nacken zu kitzeln. Ihr Herz hüpft in ihrer Brust erfreut auf und ab, überschlägt sich, und springt ihr voraus die Holztreppen zum Strand hinab.

Sie mag den Strand wenn es regnet. Bei gutem Wetter ist er überfüllt von käsigen Touristen, die sich fett und faul wie schmierige Brathähnchen von der Sonne grillen lassen. Manchmal macht sie sich einen Spaß daraus, einen der schwer umkämpften Strandkörbe für den gesamten Tag zu mieten, morgens ein Handtuch hinein und sich neben den Strandkorb zu legen, und mit tiefem Bedauern den Suchenden zu erklären, dass der Korb besetzt sei.

Doch heute hat sie den Strand für sich allein, teilt ihn nur mit ein paar Möwen, dem Regen und dem Wind. Die Strandkörbe blicken sie leer und verlassen an, aber auch ihnen scheinen die öligen Sonnenanbeter nicht wirklich zu fehlen.

Sie ist so voller Vorfreude, dass sie dem Meer übermütig lachend entgegenhüpft. Sie begrüßt es mit ausgebreiteten Armen, atmet tief ein und aus, fühlt ihren Herzschlag und wie die frische Brise kleine Bläschen in der Lunge schlägt.

Hinter sich weiß sie die Sanddünen mit ihren wogenden Gräsern, die sich der Kraft des Windes beugen. Die Luft ist geschwängert von dem wilden Duft aus nassem Sand, würzigem Heidekraut und kaltem, salzigem Meerwasser.

Nie fühlt sie sich so lebendig wie in den Momenten, in denen sie bis zu den Waden in der Brandung steht und spürt, wie ihre Füße mit jeder zurückfließenden Welle tiefer im Sand versinken. Wenn sie das Salz auf ihren Lippen schmeckt, während sie winzigen Schiffen winkt, die auf der Weite des Wassers wirken wie Spielzeug, ihr Regentropfen wie Tränen die Wangen hinunterlaufen und das Meer ihr seine Geheimnisse zuraunt.

Die Welt umarmen. Wenn das nur möglich wär. Sie würde es tun.
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Pacta Placent
et lux, tarde discedere visa,
praecipitatur aquis, et aquis nox exit ab isdem.

So ist's bestimmt, und das Licht, das langsam schien zu entweichen, sinkt in die Wogen hinab, und die Nacht steigt auf aus den Wogen. [Ovid, Metamorphosen, "Pyramus und Thisbe"]


Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt, und der uns hilft zu leben.
Anfang ~ ... link (2 Kommentare)   ... comment